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DFG-VK Gruppe Duisburg
Stand: 15.9.2005

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Deutsche Friedensgesellschaft
Vereinigte Kriegsdienstgegner
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Zwei oder drei Dinge, die man über die NPD wissen sollte...

Jetzt kann man nicht mehr darüber hinweggehen, denn es ist zu offensichtlich geworden: Stimmengewinne für die NPD, die NPD im Landtag von Sachsen, die NPD auf Erfolgskurs. Die Politiker sind „entsetzt“, die Kommentatoren sind „entsetzt“, die Talkshowmoderatoren sind ebenfalls: „entsetzt“.

Jahrzehntelang wurden alle Warnungen in den Wind geschlagen. Das Thema Faschismus in Deutschland wurde als nebensächlich abgetan und mit einem Schwall von Phrasen zugedeckt. Und jetzt haben wir den Salat. Die, die jetzt so tun, als hätte man das alles nicht vorhersehen können, benutzen weiterhin dieselben Beschwichtigungsformeln, die sich für die Abwehr des Rechtsextremismus als untauglich erwiesen haben.

Was ist aus Schröders famosem „Aufstand der Anständigen“ geworden? Der würde nicht ausreichen, um den Vormarsch der Faschisten zu stoppen. Es nützt nichts, sich selbst zu versichern: „Wir sind die Anständigen“. Das hört sich ja so an, als wären Terror gegen Minderheiten, Antisemitismus, Weltkrieg und Völkermord „unanständig“.

Die „Anständigen“ wollen, daß es so bleibt wie es ist. Aber gerade weil es so ist wie es ist, sind die Rechten auf dem Vormarsch. Wie anständig sind die „Anständigen“ denn eigentlich? Sie predigen „Reformen“. Damit meinen sie: Lohnverzicht, Abbau von Arbeitnehmerrechten, Demontage des Sozialstaats. Sie predigen: Einsatz deutschen Militärs weltweit. Damit haben die „Anständigen“ eine Atmosphäre erzeugt, die den Rechten zuträglich ist. Die „Anständigen“ verschaffen den Rechten Rückenwind.

Man hört wieder das, was man schon kennt: Die Rechten werden bei den kommenden Wahlen wieder an der 5-Prozent-Hürde scheitern. Man hört: Die Anhänger rechter „Kameradschaften“ seien irregeleitete Jugendliche, man müsse „mit ihnen reden“. Man hört: Die Stimmen für rechte Parteien seien ein irregeleiteter sozialer Protest, die Wähler wollten den Etablierten bloß einen Denkzettel verpassen, aber im Grunde seien sie gar nicht so. Man hört: „Werte“ wie „Vaterland“ und „Patriotismus“ dürfe man nicht „den Rechten überlassen“. Man hört auch wieder: rechte Parteien solle man nicht verbieten. Damit würde man sie „in den Untergrund treiben“, wo man sie „nicht mehr kontrollieren könne“, und überhaupt müsse die Demokratie auch extreme Meinungen dulden. Und man hört: Laßt die NPD-Leute im sächsischen Landtag nur ihre Unfähigkeit zeigen, damit werden sie sich selbst entzaubern. Mit derselben Illusion haben die „Anständigen“ auch 1933 das Phänomen Hitler bagatellisiert: „Laßt ihn nur regieren, in ein paar Monaten hat er abgewirtschaftet.“ - Die Spießer waren nie um Worte verlegen, ihre Untätigkeit und Unfähigkeit als Klugheit und Weisheit darzustellen.

Das Verbotsverfahren gegen die NPD vor dem Bundesverfassungsgericht ist gescheitert. Das Verfahren wurde eingestellt, denn die Innenminister von Bund und Ländern und das Bundesamt für Verfassungsschutz haben durch ihre V-Mann-Praxis die Sache in den Sand gesetzt. Die Einstellung des Verfahrens erfolgte aus formalen Gründen. Das Gericht hat sich mit der Frage, ob die NPD verfassungsfeindlich ist oder nicht, gar nicht erst befaßt. Trotzdem fühlt sich die NPD durch den Verfahrensausgang bestätigt. Sie hält sich für juristisch und politisch unangreifbar. Folge: Die NPD hält es jetzt nicht mehr für nötig, Kreide zu fressen. Sie redet Klartext und macht kein Hehl daraus, daß ihr Ziel der Umsturz des politischen Systems, der „Abwicklung der Bundesrepublik“ ist. Sie orientiert jetzt ideologisch vollkommen hemmungslos und ungeniert auf NS-Kurs. Andere rechtsextreme Gruppierungen, die während des Verbotsverfahrens auf Distanz zur NPD gegangen waren, suchen jetzt wieder ihre Nähe. Die DVU („Deutsche Volksunion“) schloß mit ihr ein Abkommen für die kommenden Wahlen. Die Militanten der „Freien Kameradschaften“ schlossen sich eng mit der NPD zusammen.

Man hat es in der sächsischen NPD-Landtagsfraktion nicht mit irgendwelchen dahergelaufenen Dummköpfen zu tun, sondern mit erfahrenen Kadern, die sich daranmachen, Sachsen zur braunen Bastion auszubauen, von der aus man den Rest der Republik aufrollen will. Diese Taktik war bisher erfolgreich. Das Wort vom „Bomben-Holocaust“ war eine geschickte und zielsichere Provokation.

Die Wähler der NPD sind in der Tat „Protestwähler“. Allerdings in einem völlig anderen Sinne, als mit diesem Begriff intendiert ist. Es handelt sich nicht um einen sozialen Protest, sondern um einen ideologischen. Und dieser Protest richtet sich nicht nur gegen irgendwelche „Auswüchse“ wie „Korruption“ und „Bürokratie“, sondern ganz grundsätzlich gegen die Demokratie. Es handelt sich um eine Klientel, die man nicht einfach wieder integrieren kann - womöglich auch noch, indem man der NPD auf halbem Wege entgegenkommt. Kurz- und mittelfristig kann man sie bestenfalls politisch neutralisieren und dafür sorgen, daß sie nicht noch weiter anwächst. Dafür wäre ein Verbot der NPD - und aller faschistischen Organisationen - ein geeignetes Mittel.

Ein Verbot faschistischer Organisationen wäre kein Allheilmittel. Es würde dem Faschismus in Deutschland nicht den letzten Stoß versetzen. Aber ein solches Verbot wäre eine entscheidende Schwächung rechtsextremer Bestrebungen. Ein Verbot würde die Agitation, Kommunikation und Mitgliederwerbung erschweren. Aber so lange NPD u.a. legal sind, können ihre potentiellen Anhänger per Telefonbuch Kontakt mit ihr aufnehmen. Als legale Partei kann die NPD jederzeit öffentliche Räume beanspruchen, Demonstrationen anmelden, Abgeordnete in Schulen schicken und ihre Agitation und ihren Parteiapparat staatlich finanzieren lassen.

Aber das ist nicht der einzige Grund, der für ein Verbot spricht. Es geht ums Prinzip. Der Faschismus ist keine Meinung, sondern ein Verbrechen. Eine faschistische Partei ist nicht eine Partei wie andere auch. Eine faschistische Partei ist eine verbrecherische Organisation im Gewand einer Partei. Für Faschisten Meinungsfreiheit zu reklamieren ist etwa so, als würde man für Einbrecher Gewerbefreiheit reklamieren. Die Gesellschaft muß den Faschismus als Delikt identifizieren.

Die Nazis sind 1933 nicht über Nacht gekommen. Sie sind auch 1945 nicht über Nacht verschwunden. In dem politischen System der BRD, das den Antikommunismus zur Staatsreligion erhob, blieben nationalsozialistische Ressentiments in den Köpfen erhalten. In Regierung, Verwaltung, Wissenschaft, Publizistik und Justiz blieben die Helfershelfer des Naziregimes weitgehend unbehelligt. Diese unheilvolle Kontinuität wirkt sich bis heute aus. Auch von diesem Umstand profitieren die Neonazis. Sollte sich tatsächlich einmal eine Stadtverwaltung oder Polizeibehörde dazu aufraffen, eine Nazi-Demonstration zu verbieten, finden sich sofort Richter, die den Nazis die Straße frei machen, notfalls in letzter Instanz durch das Bundesverfassungsgericht. Das BVG hat sich in seiner Rechtsprechungspraxis der Rechtsmeinung angeschlossen, daß das Verbot der NSDAP heute keinerlei Auswirkungen mehr haben dürfe und bekennende Neonazis Anspruch haben, wie demokratische Gruppierungen oder Parteien behandelt zu werden. Diese Rechtsauffassung wurde übrigens maßgeblich geprägt durch den Juraprofessor Maunz, der nebenbei als Berater von DVU-Chef Frey tätig war.

Die martialischen Aufmärsche mit Stiefeltritt und Reichskriegsflagge sind nicht das einzige Auftreten der Nazis. Die können auch anders. Vor allem im Osten geben sie sich gern bieder und bürgernah, und man fragt sich, ob die Nazis bieder oder die Biedermänner Nazis geworden sind. Sie versuchen, sich den Protesten gegen Hartz IV anzuschließen. In Duisburg ist vor wenigen Monaten dieser Versuch an der Aufmerksamkeit der Demonstranten gescheitert. Im Osten hingegen fällt es ihnen nicht schwer, sich in die Demonstrationen einzuschleichen. Anderenorts, besonders in NRW, geben sie sich modisch-modern und versuchen, sich in die Aktivitäten der Friedensbewegung gegen den Irak-Krieg einzuschleichen. Dies ist eine demagogische Taktik mit dem Ziel, politische Begriffe umzuwerten.

Im Kampf gegen die Linke hat der deutsche Faschismus stets zwei Taktiken angewandt: Den frontalen und den unterschwelligen Angriff: Zerschlagen oder Zersetzen. Hier ist größte Wachsamkeit geboten. Denn nicht überall, wo Antiimperialismus draufsteht, ist auch Antiimperialismus drin. Wenn hier die Wachsamkeit versagt, könnte es für die Friedensbewegung ein böses Erwachen geben...


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[Flugblatt zum Ostermarsch 2005]


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