Kategorie: Allgemein

  • Duisburger Akzente 2018 (März 2028)

    Die 39. Duisburger Akzente haben das Thema
    NIE WIEDER KRIEG ?

    Die DFG-VK Duisburg beteiligt sich an dieser Veranstaltungsreihe.
    Unser Beitrag Helmut Loevens Vortrag über den Schriftsteller, Friedenskämpfer und Nazigegner Carl von Ossietzky.
    Das Syntopia, in dem der Vortrag am Donnerstag, 15. März um 19,30 Uhr stattfindet, ist in Hochfeld auf der Gerokstraße / Ecke Eigenstraße.
    Die nächste Straßenbahn- und Bushaltestelle: Pauluskirche.

  • Veranstaltung zum 125jährigen Bestehen der DFG-VK (Okt. 2017)

    Die Kriegsfibel von Bertolt Brecht
    Ein Vortrag mit vielen Bildern und Zitaten

    Eine Veranstaltung zum 125jährigen Bestehen der
    Deutschen Friedensgesellschaft-Vereinigte Kriegsdienstgegner

    Donnerstag, 19. Oktober 2017 – 19 Uhr
    im Syntopia, Duisburg-Hochfeld, Gerokstraße Ecke Eigenstraße.

     

  • Leserbrief zu Zivilcourage 3/2016 (Sept. 2016)

    Nur mal kurz die Welt retten

    Leserbrief zu Zivilcourage 3/2016

    Bezwinge sich, wer kann.

    In der Leserbriefrubrik in Zivilcourage 3/2016 äußert sich Titus Sobisch sehr ausführlich zum Thema „links oder rechts“, obwohl er meint, diese Diskussion würde uns nicht weiterbringen. Das trifft für sein Gutachten allerdings zu!

    „Militante Pazifisten kann es nicht geben“, meint er. Dabei ist er selber einer, versucht es zumindest. In den 60er Jahren bin ich Leuten begegnet, die sich „militante Pazifisten“ nannten und in jeder Lage, sogar in einer Notwehrsituation keine Gewalt anwenden würden. Auch das Attentat auf Hitler mißbilligten sie. Dem kommt Titus Sobisch doch selbst recht nahe. „Militant“ heißt nichts anderes als offensiv, kämpferisch, entschieden. Aber das klingt so ähnlich wie „Militär“. Assoziationen, die durch akustische Reize ausgelöst werden, ersetzen hier das Wissen.

    So meint er: „Als Kämpfer für die Weltrevolution sieht man den Rest der Bevölkerung eindeutig rechts.“ Das ist eindeutig Quatsch.

    Mit CDU-Wählern, die „nur“ gegen den Afghanistankrieg sind, aber die gegenwärtige Gesellschaftsstruktur für die bestmögliche halten, hat dieser Pazifist weniger Probleme als mit Leuten, die gegen Kriegstreiber auf die Straße gehen, aber den Zugverkehr lahmlegen.

    Bumm oder nicht bumm, das ist hier die Frage – für ihn die einzige. Hoffentlich lobt er nicht Hitler für das Münchener Abkommen, und hoffentlich verdammt er nicht die Rotarmisten, weil sie bei der Befreiung des Konzentrationslagers Auschwitz mit Schußwaffen ausgerüstet waren.

    Über den Zusammenhang zwischen Gesellschaftsordnung und Kriegsursachen haben kluge Männer und Frauen viel kluge Gedanken geäußert, mit denen man sich ruhig vertraut machen darf. Schade, daß für jede Generation das Fahrrad neu erfunden werden muß.

    Daß „Esoterik rechts sei“ hat zwar niemand so behauptet. In deduktiver Begrifflichkeitshuberei, die mal wieder jegliches Wissen ersetzen soll, stellt er fest, daß sowohl rechte, als auch linke Leute sich manchmal unverständlich ausdrücken. Wäre es nicht nützlicher, sich über das zu informieren, was Leute, die sich damit auskennen, über die Esoterik-Szene als Einfallstor für faschistische Ideologie und Metapolitik erforscht haben?

    Titus Sobisch trägt nichts zur Klärung bei. Stattdessen breitet er das Selbstbewußtsein der Minderinformierten aus.

    In einer Zeit, in der Rechtspopulisten das Gesicht dieser Gesellschaft verändern und beträchtliche Bevölkeungsanteile mit ihren Haßpredigten gewinnen, behauptet ein Unwissenheitsprediger, wir hätten „eigentlich andere Probleme“. Nein. Im Falle der Desorientierung ist das Problem: die Orientierung.

    Wer behauptet, die Orientierungen „links“ und „rechts“ seien unwichtig, überholt, unbrauchbar, der will Verwirrung stiften oder hat sich verwirren lassen.

    Das ist die Lektion des 20. Jahrhunderts: Der Pazifismus muß antifaschistisch, also links sein.

    Unterdessen will Thomas Carl Schwoerer nur mal kurz die Welt retten. Mit IS sollte verhandelt werden, schlägt er vor. Begründung, kurz gefaßt: Verhandeln ist besser als nicht verhandeln. Dabei offenbart er mangelnden Überblick über Fakten und Zusammenhänge.

    Solange verhandelt wird, wird nicht geschossen, glaubt er. Auf Vietnam sind während der Pariser Friedensverhandlungen mehr Bomben abgeworfen worden als auf Deutschland im Zweiten Weltkrieg.

    Die Ostpolitik Willy Brandts lobt er. Es müßte aber auch eingestanden werden, daß zuvor die „Politik der Stärke“ zum Scheitern gebracht wurde. Willy Brandt hätte gar nicht „mehr Demokratie wagen“ können, wenn die Ostlandreiter weiterhin so hätten wüten können wie bis zum 13. August 1961 und wieder seit dem 9. November 1989. Das, was Schwoerer als „gewaltfreie Revolution in der DDR“ euphemisiert, hatte zur Folge, daß Deutschland nicht länger daran gehindert war, die europäische Ordnung aus eigener Kraft aus den Angeln zu heben, Belgrad zu bombardieren und in Kiew die Nachfolger der Nazi-Kollaborateure wieder für sich marschieren zu lassen.

    Thomas Schwoerer ist nicht richtig informiert, wenn er meint, auch Nelson Mandela hätte zu den Politikern gehört, die „alles daransetzten, ihren Kampf gewaltfrei zu führen“. Der ANC führte einen bewaffneten Befreiungskampf. Das Apartheid-Regime bot Mandela an, ihn aus dem Gefängnis zu lassen, wenn er den ANC zur Gewaltlosigkeit aufruft. Das hat er nicht getan. Thomas Schwoerer tut es jetzt stellvertretend für ihn.

    Historisch steht Nelson Mandela neben Che Guevara, Ho Tschi-minh und Patrice Lumumba. Thomas Schwoerer stellt ihn in eine Reihe mit Lech Walesa. Warum nicht gleich mit Franz-Josef Strauß?

    In der Welt, die man retten will, sollte man sich auskennen.

    Helmut Loeven, Duisburg [12.9.2016]

  • Zu den islamistischen Terroranschlägen in Paris (Nov. 2015)

    „Kommentar zur Lage“ – Rundbrief der DFG-VK Duisburg zu den islamistischen Terroranschlägen in Paris. Eine persönliche Stellungnahme.

     

    Kommentar zur Lage

    von Helmut Loeven

    1.
    Zitat:
    „Es ist eindeutig falsch, Kräfte aus dem rechten Spektrum und eine Initiative wie Endgame in einen Topf zu werfen. Die ‚Engagierten Demokraten gegen die Amerikanisierung Europas‘ (abgekürzt Endgame) sind eine Initiative, die als Gegenpol zu den Demagogen von Pegida (‚Patriotische Europäer gegen die Islamisierung des Abendlandes‘) entstanden ist und die den Blick statt auf die Pseudo-Bedrohung durch den Islam auf die reale Bedrohung durch den US-Imperialismus richtet.“

    2.
    Wenn Demagogen Demagogen Demagogen nennen!
    Das Zitat (Verfasser: Anneliese Fikentscher und Andreas Neumann, zwei Verrückte beziehungsweise Stimmen aus der Friedensbewegung) fand ich auf www.nrhz.de (Online-Medium, das gern als Forum für diverse Narreteien genutzt wird).
    Ich zitierte das schon mal (in DER METZGER Nr. 114) und fügte an: „METZGER-Leser sind da besser informiert.“
    METZGER-Leser wurden darüber informiert, daß „Endgame“ eine Nazi-Vorfeldorganisation ist. Diese Information würde aber auch bei zehnmaliger Wiederholung nicht bei denen ankommen, die das nicht wahrhaben wollen.

    3.
    Es war ein Zufall, daß ich an einem Freitag Nachmittag im November beim Quellenstudium wieder auf diese närrische Textstelle traf, bevor ich am Abend im Radio in einer Sportsendung aus Paris eine Detonation hörte.
    Sie haben ja gar nicht Unrecht, wenn sie die pauschale „Bedrohung durch den Islam“ in Abrede stellen. Aber so meinen die das gar nicht. In ihrer Eindimensionalität kann es für sie außer der „Bedrohung durch den US-Imperialismus“ gar keine andere geben, auch nicht von islamistischen Terroristen.
    Wenn sich nicht hier und da in „linken Kreisen“ gerade jetzt klammheimliche Sympathie oder auch nur gewisses Verständnis für Mordbrenner, die sich auf den Koran berufen, erneut regt, beziehungsweise von „objektiven Bündnispartnern“ gefaselt wird (siehe DER METZGER 84 „Gegen die Objektiven“), dann fresse ich einen Besen.
    Die Terror-Miliz „Islamischer Staat“ hat sich zu den Attentaten in Paris bekannt, ohne „Täterwissen“ offenbart zu haben. Das Bekennerschreiben ist ein deutlicher Hinweis, nicht der endgültige Beweis der wahren Täterschaft. Wenn dieser Vorbehalt in „linken Kreisen“ beziehungsweise unter Verschwörungsparanoikern nicht als Beweis des Gegenteils gedeutet wird, fresse ich noch einen Besen.

    4.
    Es kann einem angst und bange werden
    – angesichts eines asymmetrischen Krieges, der nicht gewonnen werden kann, angesichts von Angreifern, gegen die es keinen Schutz gibt.
    – angesichts der zu erwartenden und nicht weniger gefährlichen Reaktionen aus dieser Gesellschaft. Islamistische Fanatiker und Pegida-Fanatiker glauben nur, daß sie gegeneinander stehen. Werden den Idioten, die von hier nach Syrien ziehen, um den IS zu unterstützen, antiislamische Söldner folgen?
    – angesichts eines schwachen französischen Präsidenten und angesichts der Weigerung der Bundeskanzlerin, einzugestehen, daß „wir“, die Bundesrepublik und die EU, die Haupt-Fluchtursache sind.
    – angesichts sich verschärfender Gefährdung des Weltfriedens. Wenn jetzt Erdogan Truppen nach Syrien schicken will und dann Soldaten einer NATO-Armee in Gefechte mit russischen Truppen geraten, dann hat das was von Weltkrieg.
    – angesichts einer Friedensbewegung, deren Diskurs immer mehr von törichtem Wunschdenken und realitätsfernen Stellungnahmen geprägt wird.

    [November 2015]

  • Am „Friedenswinter“ ist kein gutes Haar (Sept. 2025)

    Am „Friedenswinter“ ist kein gutes Haar

    Leserbrief zu: Brief von Uta Binz in Zivilcourage 3/2015

    Die größte bündnispolitische Fehlentscheidung der letzten 200 Jahre hat das zu erwartende Fiasko hinterlassen, und immer noch sind die Gesundbeter eifrig dabei, am „Friedenswinter“ nach einem guten Haar zu suchen.

    Uta Binz hält es in ihrem Leserbrief in ZC Nr. 3/2015 „für erstrebenswert, Begriffe wie ‚Rechte‘ und ‚Linke‘ und Feindbilder generell aus den Vorstellungen zu verbannen“. Was soll das heißen? Daß es keine Feindschaften mehr gibt, wenn man sich nichts darunter vorstellen kann?

    Wer „links“ und „rechts“ für überflüssige oder überholte Begriffe hält, ist entweder verwirrt oder treibt ein falsches Spiel.

    Links und rechts sind die „politischen Himmelsrichtungen“. Wer nur die Himmelsrichtungen kennt, weiß zu wenig. Wer keine Himmelsrichtungen kennt, weiß gar nichts. Wer sich verirrt hat, sollte nicht dem Kompaß die Schuld geben.

    Ich zitiere: „Sich mit rechtsextremen Gedanken auseinander setzen und nicht die Menschen bekämpfen.“ Das kommt einem doch zu bekannt vor: „Mit Nazis reden“. Verstehe ich das richtig? Der Faschismus ist kein Verbrechen, sondern eine Meinung? Gerade in den Wochen, in denen der rechte Terror eine neue Dimension annimmt, sollen wir diesen kalten Kaffee schlürfen?

    „Der Sieg der Vernunft kann nur der Sieg der Vernünftigen sein“, heißt es bei Brecht. Ich füge hinzu: Der Sieg über den Faschismus kann nur der Sieg über die Faschisten sein. Das ist die bittere Wahrheit. Sie ist zwar bitter, hat aber den Vorteil, die Wahrheit zu sein.

    Die Leserbriefschreiberin „weigert sich, ein Feind zu sein“. Mit solch einem Bekenntnis kann man sich prächtig verzieren, aber politisch nichts bewirken. Es steht im Gegensatz zu den Erfahrungen des Zwanzigsten Jahrhunderts, und darum ist es gefährlich. (Wie sie es wohl mit Adolf H. hält?).

    Völlig ins Absurde gleitet vor Vorschlag, in Anbetracht der alternden Friedensbewegung und des spärlichen Nachwuchses Leute in die Friedensbewegung hineinzulassen, „die nicht in allen Bereichen auf unserer Linie liegen“. Sollen wir wirklich unsere Lücken mit Impfgegnern, Reichsbürgern und Verschwörungsparanoikern auffüllen? Wäre es nicht besser, für die nächste Kundgebung beim Stadttheater 200 Statisten zu bestellen?

    Helmut Loeven [5.9.2015]

    Nachtrag:

    Dieser Leserbrief erschien in Zivilcourage Nr. 4/2015.

    In Nr. 5/2015 dann die Antwort von Uta Binz:

    Meine Antwort an Helmut Loeven und Leute, die so ähnlich denken. ,Der Sieg über den Faschismus kann nur der Sieg über die Faschisten sein‘, wie H. Loeven meint, kann nicht der Weg sein. Das klingt militaristisch und wird auf Gegendemos gegen die intolerante und vielfach rassistisch eingestellte Pegida leider gerade von einigen erprobt. Wir DFG-VKler haben alle mal gelobt, an der Beseitigung von Kriegsursachen mitzuarbeiten. […] Das fängt m.E. damit an, daß wir skurrile Einstellungen und Außenseiteransichten nicht belächeln oder gar verteufeln. Eine ,Gleichschaltung‘ von Meinungen […] unterdrückt die Menschen. […] Das Verteufeln […] führt zu Ressentiments und schafft Kontrahenten (Kriegsursache!). Es bleibt vermutlich nichts Besseres, als über den eigenen Schatten zu springen und auf die ,Impfgegner, Reichsbürger, Verschwörungsparanoiker‘ (H. Loeven) und viele andere zuzugehen und eine gemeinsame Basis zu suchen.“

    Antwort auf die Antwort:

    Da ist doch Hopfen & Malz verloren!

    Was fällt einem ein zu jemand, der sich blamieren will? Gar nichts will einem dazu einfallen. Man hat sonst das Gefühl, sich an Wehrlosen zu vergreifen.“

  • Entlassen aus der Geschichte? (Juli 2015)

    Entlassen aus der Geschichte?

    Durch eine bündnispolitische Fehlentscheidung wurde offenbar, in welch desolatem Geisteszustand sich die Linke in Deutschland mittlerweile befindet.

     

    aus DER METZGER Nr. 114 (Juli 2015)

     

    von Helmut Loeven

     

    Sind wir Übriggebliebene, herausgeschleudert /
    Aus dem lebendigen Fluß? Werden wir zurückbleiben /
    Keinen mehr verstehend und von keinem verstanden?“

    Brecht

    Peace will come, when the false idols fall.“

    Bob Dylan

    Der Friedenswinter ist vorbei, Gott sei‘s geklagt!“ Von wegen! Dieser „Friedenswinter“ wird nicht eher vergehen, bis die Friedensbewegung (die wir kennen) selbst perdu ist. Wie lange es bis dahin noch ist, wissen die Götter. Es kann schnell gehen. Die Geister, die die Friedensbewegung gerufen hat, lassen sich so schnell nicht abschütteln.

    Wäre es nach der DFG-VK und ihrem politischen Geschäftsführer Monty Schädel gegangen, wäre der „Friedenswinter“ schon vor seinem vorgesehenen Ende (8. Mai 2015) abgebrochen worden. Das hätte auch nichts genützt. Der Pleite des bündnispolitischen Irrwegs folgt nun das Echo mit teils kuriosen, teils wenig appetitlichen Klängen.

    Die Schnapsidee des unbelehrbaren Duisburger Friedensforums, die Band „Die Bandbreite“ beim Ostermarsch 2015 auftreten zu lassen, wozu einem ja nun wirklich nichts mehr einfällt, soll hier nur am Rande erwähnt werden, wird uns allerdings auch in Zukunft wohl immer wieder mit Schoten versorgen. Die Affäre ist sozusagen das Tüpfelchen auf dem I, läßt aber auch erkennen, daß das Phänomen, von dem hier die Rede ist, der Orientierungsverlust in der Friedensbewegung, gar nicht so plötzlich kam.

    Die Tage, in denen die Friedensbewegung noch Hofgärten mit Menschenmassen füllen konnte, sind dahin (wie manches im Leben). Widerstand gegen eine Politik, die, mehr als zu Hofgartenzeiten, militärische Optionen benutzt, ist gleichwohl angebracht, nötig – und möglich! Nur eben nicht mehr als Massenparty für 300.000. Die Linke (mit der man sehr wohl die Friedensbewegung gleichsetzen darf) leidet an einem Menschenmassenfetischismus. Daß die Leute „auf die Straße gehen“ ist die beliebteste Redensart. Ob diese Orientierung an Massen auf Straßen, das Addieren von „Teilnehmern“ und Unterschriften wirklich das non plus ultra ist, kann bei anderer Gelegenheit erörtert werden. Jedenfalls war die traditionelle Friedensbewegung unzufrieden damit, nach zehn Jahren Fleiß und Appellen immer noch keine breiten Massen gegen den Afghanistan-Einsatz auf die Straße gelockt zu haben. Aber es hatten sich ja ohne ihr Zutun die „Mahnwachen für den Frieden“ gebildet, als „neue“ Friedensbewegung. Lag es da nicht nahe, sich zusammenzutun? „Daraus kann eine neue massentaugliche Protestbewegung resultieren“, schwärmte der Friedensfunktionär Reiner Braun vom Bündnis „Kooperation für den Frieden“.

    Die Mahnwachen-Kampagne sollte „nicht links und nicht rechts“ sein. Da hätte es eigentlich schon klingeln müssen. Denn wer das Links-Rechts-Spektrum der Politik für unbedeutend oder überholt hält, ist entweder ahnungslos oder treibt ein falsches Spiel. Ein solches falsches Spiel hat den Namen „Querfront“. Teile der Neuen Rechten spielen dieses falsche Spiel derzeit mit Erfolg.

    Auch daß die VVN dem Bündnis eine Absage erteilte, hätte zu denken geben müssen. Aber es war zu verlockend, mal wieder Massen um sich zu haben, und so entstand der „Friedenswinter“. Reiner Braun nannte die VVN-Erklärung ein „unseriöses Papier“, „falsch“, „diffamierend“.

    Unbedenklich waren die Mahnwächter nicht. Monty Schädel: „Vertreter der Friedensbewegung traten – trotz breiter Kritik aus der Friedensbewegung – auf den Bühnen der Mahnwachen auf; sie sprachen teilweise vor bzw. nach Personen mit Beiträgen, die früher nur bei rechten Zusammenschlüssen zu hören waren. Die Abgrenzungen blieben in solchen Fällen schwammig. Die Übergänge nach rechts wurden verwischt. Das deckte sich mit der Philosophie der Mahnwachen, dass es ja kein ‚rechts‘ und ‚links‘ mehr geben würde. Um der Kritik an dieser Position einer ‚Gemeinsamkeiten zwischen rechts und links‘ den Wind aus den Segeln zu nehmen, distanzierten sich die Mahnwachen dann von den widerlichsten Rassisten.“

    Noch vor dem 8. Mai trat die DFG-VK aus dem Bündnis aus. Anlaß war eine Verbalattacke des Mahnwachers Ken Jebsen gegen Monty Schädel: Der hatte in Interviews mit der Taz, der Jungen Welt und der Graswurzelrevolution eine sehr nüchterne Zwischenbilanz des Friedenswinters gezogen. Daraufhin Jebsen in einer Rede: Monty Schädel sei ein „Feind, der von der Nato gekauft ist“.

    Konsequenzen (außer denen, die Monty Schädel und die DFG-VK daraus zogen)? Das Bündnis mußte unbedingt gegen jede Einsicht, gegen jedes bessere Wissen abgeschirmt werden. Zu solchem Behufe steht eine ganze Klaviatur von Abwehrmechanismen zur Verfügung: Stures Ignorieren, dummdreiste Anschuldigungen sowie akrobatische Winkelzüge.

    Der Akrobatik bedienten sich Wolfgang Gehrcke und Christiane Reymann in einem Artikel in den Marxistischen Blättern („Wider denunziatorische Kommunikation, Volksfront statt Querfront“ – Ob „Volksfront“ vielleicht ein weiterer Irrweg bloß mit schöner klingendem Namen ist, sei späteren Betrachtungen über die deutsche Misere vorbehalten).

    Kostprobe aus der Nebelwerkstatt der Winkeladvokaten:

    Die Nähe von Lars Mährholz (Mahnwachen-Funktionär. H.L.) zu Nazis belegt Lederer (Mahnwachen-Kritiker aus der Linkspartei. H.L.) mit diesem Zitat: ‚Wie will man denn gegen die Nazis was machen, in Anführungszeichen, wenn man nicht mit ihnen redet? Wir können doch nicht weiter in dem Gedanken feststecken bleiben, wir müssen die Nazis bekämpfen oder sowas.‘ Soweit so wahr. Und trotzdem eine Fälschung. Denn das Zitat endet nicht mit einem Punkt, sondern mit einem Komma […] und geht so weiter: ‚wenn, dann müssen wir die Gedanken in den Köpfen der Nazis bekämpfen.‘ Das unterstreicht er gleich noch einmal: ‚Wir können doch nicht die Menschen bekämpfen, wir müssen das Denken bekämpfen.‘“

    Gehrcke/Reymann verteidigen ihren Klienten, indem sie ihn als Trottel präsentieren, dabei aber ihre Billigung seiner Gedankenstränge erkennen lassen. Vielleicht ist ihr Klient aber ein ganz Gerissener, der sich mit Gutmenschen liebkind machen will („bloß kein Streit!“). „Mit Nazis reden“ und „Wir können doch nicht weiter in dem Gedanken feststecken bleiben, wir müssen die Nazis bekämpfen“. Anders gesagt: Faschismus ist kein Verbrechen, sondern eine Meinung.

    Da schreibt man sich die Finger wund, um die Verwobenheit der Friedens-Wahnmacher mit der Neuen Rechten ans Licht zu bringen, und dann servieren Gehrcke/Reymann den Beweis auf einem Silbertablett. Ich mache nur wieder die Erfahrung, daß ich meiner Sache damit am meisten diene, indem ich meine Gegner zu Worte kommen lasse.

    „‘Lügenpresse‘ gehört nicht zu unserer Denkungsart und unserem Wortschatz, aber wir haben 1968 Springer blockiert unter dem Motto ‚BILD lügt‘.“ Distanzierung, die die Distanzierung von der Distanzierung beinhaltet. Und Pegida als die Erben der APO. Das will ich nicht gehört haben.

    Unter der Überschrift ‚Verschwörungstheoretiker kapern Friedensdemo in Berlin‘ berichtet die Berliner Zeitung […] und macht unter den Teilnehmenden ‚reichlich Verschwörungstheoretiker, Antisemiten, Neurechte und Paranoiker‘ aus. Belege liefert das Blatt nicht; dafür springt die taz […] ein.“ Der einen Zeitung wird angekreidet, daß sie keine Belege liefert, der anderen wird angekreidet, daß sie die Belege liefert, die die andere nicht geliefert hat? Man wird aber auch nirgendwo einen Beleg dafür finden, daß die Leute, die im Park spazieren gehen, Spaziergänger sind. Teilnehmer einer Demonstration von Verschwörungstheoretikern, Antisemiten, Neurechten und Paranoikern darf man mit Fug Verschwörungstheoretiker, Antisemiten, Neurechte und Paranoiker nennen.

    Die inflationäre Beschuldigung ‚Verschwörungstheorie‘ kann zu einem Knüppel gegen unabhängige und unbequeme Recherche werden.“ In der Tat! Aber das inflationäre Vorbringen von Verschwörungs-„Theorien“ hat einen nicht minder fatalen Effekt. Die Tatsache, daß es in der Geschichte Verschwörungen gegeben hat, ist allerdings kein Beweis dafür, daß jede Verschwörungstheorie richtig ist, und erst recht kein Beweis dafür, daß alles eine Verschwörung ist. Die Tatsache, daß der Verfassungsschutz (oder die CIA) Agenten einsetzt, ist kein Beweis dafür, daß jeder, der kein Fanatiker ist, demnach ein bezahlter Agent sein muß.

    Das ‚Zinssystem‘ für den Dreh- und Angelpunkt der Systemkritik zu halten, ist nicht marxistisch, aber es ist per se auch nicht rechts. Es KANN rechts werden, wenn noch andere Faktoren dazu kommen, namentlich Rassismus.“

    Aber wo begegnet man denn heute noch dem klassischen, herkömmlichen Rassismus? Die Neurechten sind moderner und schlauer als uns lieb sein kann. Von „Herrenrasse“ und „minderwertigen Rassen“ ist in Rassistenkreisen längst nicht mehr die Rede, sondern von „Kulturen“. Man hat doch nichts gegen die Fremden. Aber die sollen uns mit ihrer Kultur nicht überfordern, sondern ihre Neugeborenen auffressen und ihre Ziegen ficken, wo sie herkommen. Hier bei uns ist es nicht üblich, Neugeborene aufzufressen und Ziegen zu ficken. Gehrcke/ Reymann haben eine Alarmanlage installiert, die den Vorteil hat, daß sie nie losheult.

    Besonders populär wird in den folgenden Wochen der Begriff Querfront. Er bezeichnet den Versuch, rechte Inhalte in linke Bewegungen zu schleusen.“ Und was sagt man dazu? Eigentlich nichts. Sondern: „Der Querfrontpolitik verdächtigt zu werden, konnte unter Stalin tödlich enden. Karl Radek […] wurde im 2. Moskauer Schauprozess 1937 Querfrontpolitik vorgeworfen, in der Haft wurde er erschlagen. Auf diesem Hintergrund sollten Linke den Vorwurf mit Bedacht verwenden.“ Kein weiterer Kommentar vonnöten. Historische Parallelzüge werden aber noch öfter verblüffen.

    Doris Pumphrey spannte einen großen Bogen: „möchte ich an den VII. Kongress der Kommunistischen Internationale 1935 in Moskau erinnern“ bis zu „Die Kampagne gegen die Mahnwachen erinnert in ihrer Art sehr an den ‚geheimen Krieg‘, den das FBI unter der Bezeichnung Cointelpro gegen die Opposition in den USA geführt hatte. … Von den vielen Methoden des FBI […] sei hier nur eine erwähnt: ‚Maßnahmen zur Förderung von Uneinigkeit und Streit‘. Auch wenn die Anfänge der Montagsmahnwachen und die Beteiligung von Rechten und obskuren Leuten Skepsis auslösen musste, ist die Heftigkeit und die unehrliche Art und Weise der Kampagne gegen sie – die von Teilen der ‚alten‘ Friedensbewegung unisono mit den Kriegshetzern in den Medien geführt wird – erschreckend. Das hat auch Züge einer Hexenjagd à la McCarthy.“ So tief würde Doris Pumphrey natürlich nie sinken. Höchstens, daß sie mal behauptet: „Die Kampagne gegen die ‚Mahnwachen für den Frieden‘ wurde von Antideutschen losgetreten.“ Wie bitte? „Ausgelöst wurde die Kampagne gegen die Friedensmahnwache durch die bekannte ‚Antideutsche‘ Jutta Ditfurth.“

    Was habe ich gesagt? Die Gründliche Aufklärung über die „Antideutschen“ (siehe DER METZGER 63-66) war gar nicht erwünscht, weil damit zu viel taktisch einsetzbare Unklarheit beseitigt wurde. Ins Licht gestellt ist der Feind wertlos. Man braucht ihn in Nebel eingehüllt, damit man jeden, den man nicht mag oder nicht versteht, in diesen Dunstkreis hineinschieben kann. So funktioniert Manipulation: Wenn man eine besonders unglaubwürdige Behauptung verbreiten will, schreibt man das Adverb „bekanntlich“ hinein. Da Jutta Ditfurth zwar durchaus keine „Antideutsche“ ist, aber als „Antideutsche“ gebraucht wird, wird sie flugs zur „bekannten Antideutschen“ erklärt.

    Aus dem Spannungsbogen zwischen charakterlicher und intellektueller Inferiorität der Frau Pumphrey hier noch ein paar Zitate aus ihrem Vortrag, den sie – das werde ich nicht verschweigen – im „Marx-Engels-Zentrum“ in Berlin gehalten hat:

    Einige meinen, die Friedensbewegung […] dürfe nicht den Anschein geben, mit einem kapitalistischen Russland in einer gemeinsamen Antikriegsfront zu stehen, denn es gehe hier um ‚einen Kampf zwischen kapitalistischen Ländern‘. Nach dieser Logik hätte die Sowjetunion keine Anti-Hitler-Koalition mit imperialistischen Staaten eingehen dürfen.“ Die Anti-Hitler-Koalition werden wir bestimmt nicht wiedererwecken. Die bombastischen historischen Vergleiche dienen doch eigentlich dazu, sich über die eigene weltgeschichtliche Bedeutungslosigkeit hinwezutäuschen. Dabei meinen einige doch nur, daß man mal diskret darauf hinweisen muß, daß Putins Rußland nicht mehr die Sowjetunion ist. „Einige meinen, die Friedensbewegung dürfe nicht nur die USA sondern müsse auch Russland als Kriegstreiber benennen. Mit der Realität hat das nichts zu tun.“ Mir scheint eher, daß Frau Pumphrey mit der Realität nichts mehr zu tun haben will. Hier wurde nie „Äquidistanz“ verlangt (siehe DER METZGER 109), wohl aber eine in alle Richtungen kritische Betrachtung. Zugleich hat die enge Anlehnung europäischer Faschisten an Rußland viel mit der Realität zu tun (siehe DER METZGER 113).

    Es habe sich „immer wieder gezeigt, daß die Friedensbewegung immer nur dann erfolgreich war, wenn es ihr gelang, Ausgrenzungen zu vermeiden und Menschen mit unterschiedlichsten weltanschaulichen Positionen hinter ihren Forderungen zu vereinen.“ In der Tat haben in der Friedensbewegung Atheisten mit gläubigen Christen, Anhänger der absoluten Gewaltlosigkeit und Anhänger revolutionärer Befreiungstheorien, Anarchisten, Marxisten und Pazifisten miteinander gewirkt. Im aktuellen Streit geht es hingegen um etwas ganz anderes, nämlich darum, daß die Friedensbewegung die Flanke nach rechts öffnet und im Begriff ist, den Christen, Atheisten, Anarchisten, Marxisten und Pazifisten auch noch Reichsbürger, Verschwörungsparanoiker und Neurechte hinzuzufügen. Frau Pumphrey findet sogar, es sei ein „ganz normaler Vorgang, daß dort auch rechte Kräfte versuchen, Einfluss zu gewinnen. Normal für Linke ist allerdings nicht, dass sie so etwas wie ein moralisches Kontaktverbot ausgeben.“ Versteh‘ ich das richtig? Mit dem Antifaschismus soll man es nicht zu weit treiben. „Anstelle von Pauschalisierungen und Diffamierungen, muß die jeweils notwendige faire politische Auseinandersetzung treten. Nur so können wir den Kriegstreibern in Politik und Medien einen Strich durch die Rechnung machen in ihrem Bemühen, die Antikriegsbewegung zerstritten, klein, unbedeutend und ineffektiv zu halten.“ Soll heißen: Die Schwäche der Friedensbewegung ist das Werk der Kriegstreiber (denen die gar zu kritischen Geister in die Hände spielen). „Nicht die Wirrköpfe schaden der Sache, sondern die Kritiker“, sagten die Wirrköpfe.

    Daß der Friedenswinter den gewünschten Höhenflug nicht brachte, hat Frau Pumphrey mitgekriegt, und sie erklärt: „Viele, die sonst zu Friedensdemonstrationen kommen, ließen sich einschüchtern und blieben weg.“ Ach so!

    Eines ist deutlich: Die Mahnwachen sind eine politisch unerfahrene Bewegung mit z.T. sehr diffusen Vorstellungen. Jede junge und politisch diffuse Bewegung braucht auch ihre Zeit, um sich zu sortieren, einen Klärungsprozess durchzumachen. Warum wird ihr nicht mal das zugestanden bzw. warum werden positive Veränderungen nicht mal wahrgenommen?“

    So unerfahrene Anfänger sind die Wahnmacher gar nicht, jedenfalls ihre Anführer. Aber Frau Pumphrey meint, es wären Anfänger, und denen müsse und könne man alles nachsehen. „Wir“ hingegen sind klug und erfahren, und wir werden von Tag zu Tag klüger und erfahrener. Das sehe ich nicht so. Die Geschichte der Friedensbewegung und der linken Bewegung in Deutschland ist eher eine Geschichte des Niedergangs, des degenerierenden ästhetischen Anspruchs, des Realitäts- und Relevanzverlustes (und als Gründer der Buchhandlung Weltbühne füge ich hinzu: der Analphabetisierung). Das ist die Entintellektualisierung der Linken!

    Wer sein Leben im Ghetto am Rand lebt, ist ständig in Gefahr, Opfer seiner Selbsttäuschungen, seiner Fixierungen, seiner Realitätsverweigerung und seiner eigenen Phrasen zu werden.

    In www.nrhz.de (Online-Medium und Forum diverser Narreteien) ist z.B. zu lesen:

    Der Autor […] behauptet, seine Darstellung sei begründet und belegt. Doch eine Analyse zeigt, dass dem nicht so ist. Eher drängt sich der Verdacht auf, dass mit dem Artikel das Geschäft der anderen Seite betrieben wird. Wir gehen dem Verdacht nach und erhalten einen Einblick, inwieweit die herrschenden Kräfte ‚linke‘ Organisationen und die Friedensbewegung im Griff haben.“ Urheber dieser Wahn-Vorstellung sind Anneliese Fikentscher und Andreas Neumann (Überschrift: „Das Geschäft der anderen Seite“). Auf ihrem Husarenritt durch ihr Paralleluniversum lassen sie es richtig schallen: „Von Neonazis durchsetzt? Das transportiert eine perfide, unbelegte Behauptung, mit der das Friedenswinter-Bündnis diskreditiert wird. […] Von einem nach rechts offenen Antimilitarismus in Gestalt des ‚Friedenswinter‘ ist die Rede. Das ist eine bösartige, unbelegte Behauptung. Zudem ist der Begriff ‚rechts‘ nicht definiert.“

    Nicht definiert“. Jaja. Beweisen Sie mir mal, daß ich kein Kiwi bin.

    Jutta Ditfurth, die seit Jahren systematisch Front macht gegen Kritiker des US-Imperialismus, hat sich den Herrschaftsmedien zur Verfügung gestellt. […] Die TAZ ist ein Organ aus dem Spektrum der Herrschaftsmedien, die Feindbilder schüren und damit zum Krieg aufstacheln. Einer solchen Zeitung ein Interview zu geben, ist bedenklich. […] Anti-Friedenswinter-Beschluss der VVN-BdA vom 29. November 2014. Dabei ist es nicht schwer zu erkennen, was es mit diesem Papier auf sich hat. Die Formulierungen aus dem Propaganda-Arsenal des US-Imperialismus sind nicht zu übersehen. […] ‚Querfront heißt heute Jutta Ditfurth oder Monty Schädel.‘ Das sind deutliche, harte Worte. Aber sie treffen den Kern des Problems. Das Problem ist, wenn Funktionsträger, die sich der Linken oder der Friedensbewegung zurechnen, sich in einer Front mit den Herrschenden bewegen. […] Die TAZ ist ein Organ des Imperialismus.“

    Da bleiben ja nicht mehr viele übrig, wenn diese beiden Verrückten alle, die das Geschäft der anderen Seite betreiben, hinausgesäubert haben. Das „breite Bündnis“ erweist sich mal wieder als recht schmal geraten, und noch entsetzlicher als die Neurechten, die jetzt in der Friedensbewegung mitmachen sollen, kommen mir die Altlinken vor, die ihnen die Tür offenhalten. Die ganzen „unbelegten Behauptungen“ sind natürlich längst belegt, besonders ausführlich im METZGER.

    Wenn Demagogen Demagogen Demagogen nennen! „Es ist eindeutig falsch, Kräfte aus dem rechten Spektrum und eine Initiative wie Endgame in einen Topf zu werfen. Die ‚Engagierten Demokraten gegen die Amerikanisierung Europas‘ (abgekürzt Endgame) sind eine Initiative, die als Gegenpol zu den Demagogen von Pegida (‚Patriotische Europäer gegen die Islamisierung des Abendlandes‘) entstanden ist und die den Blick statt auf die Pseudo-Bedrohung durch den Islam auf die reale Bedrohung durch den US-Imperialismus richtet.“ METZGER-Leser sind da besser informiert.

    Den Gipfelstürmern des Idiotenhügels Anneliese Fikentscher und Andreas Neumann will es einfach nicht in den Kopf rein, daß mit dem Herrn Jebsen auch gleich der ganze rechte Rattenschwanz mit eingetreten ist, der an ihm dran hängt. Der hat aber in einer Rede gesagt: „Und wo ist der Feind in diesem Land? Ich möchte es euch sagen: Unser Feind ist die sogenannte linke Presse. Das ist der Feind. Das ist die Querfront. Die Querfront heißt heute taz. Das ist die Querfront. Die Querfront heißt heute Jutta Ditfurth oder Monty Schädel. […] Denn der Faschismus kommt natürlich, indem der sagt: Das ist der Antifaschismus.“ In derselben Rede meinte er auch, Rechtsradikale seien „das kleinste Problem in diesem Land“.

    Das sind Worte, mit denen man bei denen, an denen eine Kontrollkommission verloren ging, in Ungnade fällt:

    Monty Schädel: „Nationalisten, Antisemiten, Rassisten gehören ebenso wenig zur Bewegung wie Personen mit anderen gruppenbezogener Menschenfeindlichkeit in ihren Äußerungen und Handlungen. Auch die aktuelle Erfahrung lehrt: Sobald in diese Richtung die Tür einen Spalt weit geöffnet wird, gibt die Friedensbewegung ihre Prinzipien preis. Für uns ist es nicht nur von Bedeutung, gegen den Krieg und für den Frieden allgemein, gegen Rüstungsproduktion, gegen weltweiten Waffenhandel, gegen Drohneneinsätze, gegen die Militarisierung im Innern und die Rekrutierungen der Bundeswehr in Schulen, für zivile Konfliktlösungen und zivile weltweite Entwicklungen zu demonstrieren und einzustehen. ENTSCHEIDEND ist dabei, daß das auf der Grundlage der umfassenden Ablehnung von Faschismus, Krieg und Gewalt erfolgt.“

    P.S.: In manchen Kontroversen in linken Kreisen agieren die Kontrahenten, so gegensätzlich sie auch in Erscheinung treten, nicht konträr, sondern komplementär. Was täten die „antideutschen“ Israel-Stalker nur ohne die „antiimperialistischen“ Israel-Hasser? Sie brauchen sich gegenseitig, weil ihnen sonst die eigene Existenz glatt entgehen würde.

    In der Meinungs- und Bewußtseinsindustrie (die durchaus keine Verschwörung ist, sondern ein Gewerbe) liegen Leute ständig auf der Lauer, die enthüllen wollen, daß Linke und Rechte zusammenwirken bzw. sogar aus einem Stoff sind. Insbesondere wollen sie „beweisen“, daß der Antisemitismus nicht nur „auch“ von links, sondern „nur“ von links kommt. Gegenwärtig ist die Linke so eifrig wie nie zuvor damit beschäftigt, die Lauerlieger reichlich mit Stoff zu füttern. Die Kontroversen über den Nahostkonflikt sind ein Minenfeld, über das einige Leute mit verbundenen Augen und mit dem sonnigsten Gemüt von der Welt einherschreiten in der festen Gewißheit. „Wir sind die Guten.“

    Der Autor dieses Artikels ist Vorsitzender der DFG-VK-Gruppe Duisburg.

  • Ostermarsch aus Abwegen? (Apr. 2015)

    Ostermarsch auf Abwegen?

     

    Aus DER METZGER Nr. 113 (April 2015)

    von Helmut Loeven

     

    Am 25. Februar tat die DFG-VK Duisburg per Rundmail folgende sensationelle Mitteilung:

    DFG-VK Duisburg
    c/o Buchhandlung Weltbühne
    Gneisenaustraße 226
    47057 Duisburg
    info@dfg-vk-duisburg.de

    Liebe Friedensfreundinnen, liebe Friedensfreunde,

    mit Fassungslosigkeit haben wir zur Kenntnis genommen, dass das Friedensforum Duisburg sich anschickt, bei der Auftaktkundgebung des Ostermarschs Ruhr am 4.4.2015 in Duisburg die Gruppe „Die Bandbreite“ auftreten zu lassen.

    Die DFG-VK Gruppe Duisburg lehnt diese Provokation ab und hat kein Verständnis für die starrsinnige Haltung des Friedensforums Duisburg.

    Wir werden nicht an der Auftaktkundgebung in Duisburg teilnehmen und nicht zur Teilnahme aufrufen.

    Zum Thema „Die Bandbreite“ verweisen wir auf die auf unserer Website dokumentierten Texte:

    Die letzten Tassen oder Der apologetische Kusselkopp
    (http://www.dfg-vk-duisburg.de/bandbreite1.html)

    Ein ganzerRattenschwanz… Die Bandbreite eines Milieus
    (http://www.dfg-vk-duisburg.de/bandbreite2.html)

    Schreiben des Friedensforums Duisburg an die DFG-VK Duisburg 3.4.2012
    (http://www.dfg-vk-duisburg.de/Brief-Friedensforum-3-4-2012-persoenlDatengeschwaerzt-kl.jpg)

    Nie wieder Faschismus, nie wieder Krieg!

    DFG-VK Duisburg

    Die DFG-VK erläuterte auf ihrer Homepage:

    Seit 1981 beteiligte sich die DFG-VK Gruppe Duisburg in jedem Jahr an der Auftaktkundgebung des Ostermarschs Ruhr in Duisburg durch einen Kaffeeausschank und einen Büchertisch. 2012 wurden wir gegen unseren Willen durch die Veranstalter von der Teilnahme ausgeschlossen, weil wir die Absicht hatten, auf unserem Büchertisch auch die Ausgabe 96 der Zeitschrift Der Metzger zu verkaufen, die zwei kritische Artikel zur Musikgruppe Die Bandbreite enthält. […] 2013 und 2014 waren wir wieder wie immer präsent.

    Am 25.2.2015 lasen wir auf dem Blog des Duisburger Friedensforums unter der Überschrift „Friedensforum Duisburg verbittet sich Bevormundung“ einen „Offenen Brief an Willi Hoffmeister und Joachim Schramm“. Wir haben daraufhin beschlossen, zum ersten mal nach über 30 Jahren nicht an der Duisburger Ostermarschkundgebung teilzunehmen […].

    In dem von Christian Uliczka* unterzeichneten „Offenen Brief an Willi Hoffmeister und Joachim Schramm“ heißt es:

    Liebe Freunde vom Ostermarsch-Komitee,

    seit Jahren ist uns vom Friedensforum Duisburg, jedenfalls den meisten von uns, die mit undifferenzierten und weitgehend unbelegten Vorwürfen gegen DIE BANDBREITE geführte Boykott-Kampagne ein Dorn im Auge. Wir hatten bisher gute Erfahrungen mit dieser Gruppe gemacht und wollten für uns endlich klären, was wohl an den Vorwürfen dran sei. Marcel Wojnarowicz, genannt Wojna, und sein Kompagnon Torben waren vor zwei Monaten […] bei uns und haben sich stundenlang befragen lassen und uns dabei von ihrer einwandfreien Haltung überzeugt. Darum haben wir am 9. d.M. mit einer Gegenstimme entschieden, DIE BANDBREITE zum Ostermarsch-Auftakt bei uns auftreten zu lassen.

    Das haben wir Euch beiden, Willi und Joachim, als Ihr vorvorigen Samstag, 14. d.M., gleichfalls mehrere Stundenlang, bei uns wart und vergebens versucht habt, uns von unserer Entscheidung für DIE BANDBREITE abzubringen, beharrlich entgegengehalten.

    Und da kommt Ihr jetzt mit einem weiteren Angriff auf unsere Entscheidungsfreiheit und wollt uns mit rhein/ruhr-weitem Extratreffen nächsten Samstag in Essen doch noch überrollen.

    Eine, nicht nur in unseren Augen, unerhörte Zumutung, ein Nackenschlag, zumal mit Blick auf die hochbrisante Weltlage, für das Ansehen des Ostermarschs als Friedensherold …

    […]

    Weil wir Duisburger also mehrheitlich ein Treffen am 28. d.M. für überflüssig halten, werden wir daran als Gruppe nicht teilnehmen.

    Mit friedlichem Gruß

    Christian (Uliczka)

    Der Wille, „endlich zu klären, was an den Vorwürfen dran sei“, war nicht allzu ausgeprägt. Die „weitgehend unbelegten Vorwürfe“ sind ausführlich belegt (siehe oben). Ich fresse einen Besen, wenn die Mitglieder des Friedensforums mal einen Blick in diese Dokumente geworfen haben. Ich will mich ja nicht vergleichen, aber: Die kommen mir vor wie das Heilige Offizium, das sich weigert, durch Galileis Fernrohr zu gucken. („Nein, den METZGER lesen wir nicht“).

    Das Friedensforum begnügte sich stattdessen mit einer stundenlangen Befragung mit der Antwort, wie sie nicht anders hätte sein können. Anstatt sich zu informieren, läßt man den Mann über sich selber urteilen.

    Wie kommt mir das vor? Das kommt mir vor wie Leute, die einem windigen Anlageberater aufgesessen sind und ihm ihre ganzen Ersparnisse überlassen haben, weil er ihnen die Verdreifachung ihres Vermögens in sechs Wochen versprochen hat. Und wenn man den Leuten sagt: „Wie konntet ihr nur einem solchen Halsabschneider, einem solchen Betrüger euer ganzes Geld überreichen?“, dann sagen die: „Wieso denn? Wir haben den doch gefragt: Sind Sie ein Betrüger? Sind Sie ein Halsabschneider? Und da hat er gesagt. Nein. Und da haben wir gesagt: Ja dann ist ja alles in Ordnung.

    Die DFG-VK Duisburg spricht von Provokation. Und das ist es auch. Es mußte den Friedensfreunden doch bewußt sein, was sie mit ihrer Entscheidung auslösen.

    Ach, lesen Sie auch DER METZGER Nr. 100 (Tagebuch). Wir reden hier doch nicht über was Neues.

    Aus der VVN NRW erhielt ich diese E-mail:

    Wir haben gestern in Kassel als VVN-BdA-FriedensAG getagt. Wir waren uns einig:

    Dort wo Formationen wie Bandbreite und Montagsmahnwachen sind, werden wir den Ostermarsch nicht unterstützen. Für uns geht er also nicht in Duisburg, sondern in Düsseldorf los, wenn sich die Duisburger das nicht noch mal überlegen.

    Daß sich „die Duisburger“ das noch einmal überlegen, ist wahrscheinlich zu viel erwartet.

    Das Ostermarschkomitee (vertreten durch Willi Hoffmeister und Joachim Schramm) hatte am 18. Februar erklärt:

    In der Vorbereitung des Ostermarsches hat sich eine problematische Situation ergeben, die die Einberufung einer außerordentlichen Friedensversammlung notwendig erscheinen [läßt].

    Das Duisburger Friedensforum möchte die Musikgruppe „Die Bandbreite“ für die Auftaktveranstaltung in Duisburg einladen. Das Bochumer Friedensplenum hat daraufhin erklärt, dass für sie der Auftritt dieser Gruppe unakzeptabel ist und ihre Beteiligung am Ostermarsch in Frage gestellt. Der „Bandbreite“ wird von ihren Kritikern vorgeworfen, eine links und rechts verbindende Querfront-Politik zu unterstützen und immer wieder bei rechtslastigen Veranstaltungen aufzutreten. Die Duisburger haben sich nach eigenen Angaben jedoch von der linken Grundhaltung der Gruppe überzeugt.

    Der Ostermarsch steht nun vor dem Problem, wie wir mit dem eventuellen Wegfall der Abschlusskundgebung des zweiten Tages im Bahnhof Langendreer umgehen. Auch der Start des dritten Tages in Bochum-Werne steht eventuell in Frage. […]

    Wir finden es den demokratischen Gepflogenheiten des Ostermarsches angemessen, wenn wir gemeinsam über das richtige Vorgehen mit dieser Situation beraten. Vielleicht finden wir dabei auch noch eine Lösung, die für beide Seiten akzeptabel ist. Dies muss geschehen, bevor wir die Flyer und das Plakat in Druck geben können.

    Genau das war zu befürchten: Daß eine Lösung gefunden wird, die für beide Seiten akzeptabel ist. Dem Duisburger Friedensforum wird die Mißbilligung der anderen mitgeteilt und fertig.

    Eine Lösung, die zwar nicht für beide Seiten akzeptabel, aber gut gewesen wäre: Das Ostermarsch-Komitee entzieht dem Duisburger Friedensforum die Lizenz – nach dem Motte: Was immer ihr auch am Ostersamstag-Vormittag in Duisburg veranstaltet, das hat nichts mit dem Ostermarsch zu tun. Es wird nicht auf dem Plakat und nicht im Programm erscheinen. Der Ostermarsch beginnt nicht am Ostersamstag-Vormittag in Duisburg, sondern am Ostersamstag-Nachmittag in Düsseldorf. Denn sonst kommt wieder das Fernsehen nach Duisburg und berichtet von einer blamablen „Auftaktkundgebung“, zu der noch weniger Leute hinkommen als sonst, nämlich nur noch die, die es nicht wissen und nicht wissen wollen, und die, die das antifaschistische Element der Friedensarbeit einer falschen Loyalität opfern.

    Das frage ich mich: Muß man eigentlich, um Antimilitarist zu sein und Friedensarbeit zu tun, der Friedensbewegung angehören? Kann man sich nicht selbständig machen?

     

  • Mahnwachen (Apr. 2015)

    Mahnwachen machen Wahn
    oder Breit sein ist alles

     

    Aus DER METZGER Nr. 113 (April 2015)

     

    von Jakop Heinn

     

    Jedes Jahr war es dasselbe: Am Ostersamstag-Vormittag begann in Duisburg-Mitte der Ostermarsch Ruhr. Doch just zur selben Zeit setzte sich am anderen Ende der Königstraße ein anderer Marsch in Bewegung: Jubelnde Jugendliche mit anständigem Haarschnitt, die enthusiastisch verkündeten: „Jesus lebt!“ Und darüber freuten sie sich so, als hätten sie es gerade erst erfahren.

    Ach, was waren das für Zeiten, als man die Verwechslungen noch unterscheiden konnte!

    Heute ist nicht nur das Publikum verwirrt. Auch die Darsteller wissen nicht mehr, in welchem Stück sie spielen. Man weiß nicht: Wird da alter Wein in neue oder neuer Wein in alte Schläuche gefüllt?

    Böse Zungen hatten der Friedensbewegung schon attestiert, sie könne heute kaum noch eine Menschenkette um eine Litfaß-Säule zustandebringen. Doch da ist sie wieder! Und sie kommt einem noch so bekannt vor – und doch ist alles irgendwie verschoben.

    Die Rußland-freundlichen Töne fallen auf. Die Töne sind heute freundlicher als zu Zeiten, in denen die Sowjetmacht hierzulande noch eine vernehmliche Lobby hatte. Es leuchtet ein, daß aus der Friedensbewegung Kritik an der aggressiven Osterweiterungspolitik von NATO und EU geäußert wird. Die Sache hat nur einen Schönheitsfehler: Wohlwollen gegenüber Rußland ist neuerdings Herzenssache in Rechts-Kreisen. Die erste Pro-Rußland-Demonstration in Berlin wurde von der rechtspopulistischen Pro-Bewegung dominiert. Auch der Querfront-Nationalist Jürgen Elsässer gibt der „Freundschaft mit Rußland“ hohe Priorität. Widerspruch gegen imperialistische EU-Politik vermischt sich mit homophober Sympathie für das autoritäre Bollwerk gegen „westliche Dekadenz“.

    Eine weitere Auffälligkeit ist das immer wieder auftauchende Kürzel „FED“. Das ist die US-amerikanische Federal Reserve Bank, übrigens ein privatrechtliches Unternehmen. Wo diese Bank in Reden und Statements erwähnt wird, erscheint sie als die Wurzel allen Übels. Die Federal Reserve Bank, da ist man sich sicher, steckt hinter allen Kriegen der letzten 100 Jahre.

    Das hört sich nicht nach sachlicher Analyse an, sondern nach abstruser Verschwörungsphantasie – die aber gern aufgegriffen wird, weil sie ein Lieblingsthema der Rechten bedient: die Kriegsschuldfrage.

    Der hier zutage tretende Geschichtsrevisionismus sei eine Verharmlosung der Shoa, empörte sich Jutta Ditfurth: „Diese ungeheuerliche Aussage entlastet Nazi-Deutschland vom Zweiten Weltkrieg, und auch für die Vernichtung der deutschen und europäischen Juden sind weder die USA noch eine US-Bank verantwortlich. Nazi-Deutschland wird entlastet.“ Sie sieht in den Kundgebungen der „neuen“ Friedensbewegung „neurechte Demonstrationen“. Diese seien „eine Kriegserklärung gegen jüdische Menschen, gegen alle Aufklärung, gegen Humanismus.“

    Die Aktionsform der „Neuen Friedensbewegung“ sind die „Montags-Mahnwachen“ in verschiedenen Städten. Das sind eigentlich Kundgebungen mit unterschiedlicher Teilnehmerzahl. Auch die Querfront-Rapper von „Bandbreite“ durften schon bei Montags-Mahnwachen Musik machen (siehe DER METZGER 110). Die MLPD wirft den Veranstaltern vor, ihre Idee geklaut zu haben und legt Wert darauf, daß die Mahnwachen mit ihren Montags-Demonstrationen gegen Hartz IV nichts zu tun haben: „Die Bewegung insgesamt ist unbedingt mit Vorsicht zu genießen und abzulehnen. Die Initiatoren ziehen keinen klaren Trennungsstrich zu ultrarechten, faschistoiden und faschistischen Personen und Gruppierungen. […] Sie sind nicht Teil unserer Bewegung und es gibt auch keine Zusammenarbeit mit ihnen.“

    Die „Montags-Mahnwachen“ (oft schon als „Wahnmachen“ verspottet) bieten kein einheitliches Bild. Da und dort gibt es „Abgrenzungen nach rechts“, wobei Rechte nicht immer als solche erkannt werden. „Abgrenzung“ bedeutet manchmal nur, daß Rechten bescheinigt wurde, gar keine Rechten zu sein. „Abgrenzung“ bedeutet, daß Jürgen Elsässer auf der einen Kundgebung nicht reden darf, auf der anderen aber doch. Elsässer vermutet hinter den zaghaften „Abgrenzungen“ den „erheblichen Druck“ der „politisch-korrekten Meinungs-Mafia“ bzw. ein „bundesweites Kesseltreiben der Linksradikalen“, und als „Monopol-Medium“ nennt er die Taz.

    Neben dem schillernden Elsässer, der schon die verschiedensten Bereiche der Linken durchlaufen hatte, bevor er zum Ultra-Nationalisten wurde, und der als Quer-Einsteiger gelten kann, ist die neuartige Friedensbewegung besonders durch zwei Personen repräsentiert: Ken Jebsen und Lars Mährholz.

    Mährholz, zuvor nicht öffentlich in Erscheining getraten, hat es mit dem US-amerikanischen Zentralbanken-System als den „größten Kriegstreiber auf der Welt“. Er meint, „daß die amerikanische Federal Reserve, die amerikanische Notenbank, das ist eine Privatbank, dass sie seit über hundert Jahren die Fäden auf diesem Planeten zieht.“

    Die ganze Klaviatur rechtspopulistischer und braunesoterischer Verschwörungspanik wird von Ken Jebsen gespielt. Für seinen früheren Arbeitgeber Radio Berlin-Brandenburg war der Moderator einer Jugend-Radiosendung nicht mehr tragbar wegen antisemitischer Ausfälle, wie etwa dieser: „Ich weis (sic!) wer den Holocaust als PR erfunden hat. Der Neffe Freuds, Bernays. in seinem Buch Propaganda schrieb er wie man solche Kampagnen durchführt. Goebbels hat das gelesen und umgesetzt.“ In einem „Offenen Brief an Angela Merkel“ wirft er der Bundeskanzlerin vor, „kranken Ideen radikaler Zionisten“ zu übernehmen und eine „rassistische Grundüberzeugung“ zu unterstützen. „Nationalzionisten haben Israel okkupiert, wie Nazis 33 Deutschland okkupiert haben und sprechen im selbst ernannten Auftrag für alle Juden.“

    Für die gute alte traditionelle Friedensbewegung, die noch das Erbe der legendären Aktionen der 80er Jahre verwaltet, stellte sich nun die Frage, wie sie mit der neuen Friedenswahnmachen-Bewegung umgehen soll: ignorieren, distanzieren oder sich dranhängen?

    Und so entstand der „Friedenswinter“ als große Gemeinschaftskampagne, als „Brückenschlag zwischen alter und neuer Friedensbewegung“ gelobt oder getadelt. „Linkspartei-Reformer Klaus Lederer“ bezeichnet in der Taz „das ganze als Querfront-Projekt“. Gewarnt wurde auch von der VVN. Der Aufruf aber erinnert mehr an den guten alten „Minimalkonsens“. Auf gar zu deutliche Querfront-Stichwörter wurde verzichtet. Unter dem Friedenswinter-Aufruf finden sich dann also Unterschriften von Elmar Altvater, Andreas Buro, Diether Dehm, Eugen Drewermann, Wolfgang Gehrcke, Evelyn Hecht-Galinski, Florence Hervé, Sabine Kebir, Norman Paech, Peter Sodann, Kathrin Vogler, Sahra Wagenknecht, Konstantin Wecker und noch viele aus Linkspartei, Attac, Gewerkschaft, auch DFG-VK, neben den Wahnmachen-Rednern, als wären sie alle aus ein- und demselben Holz. Es genügt nun mal nicht, den Text zu lesen. Man muß auch darauf achten, wer ihn sonst noch unterschreibt.

    Ist auch alles irgendwie verschoben, kommt es einem doch bekannt vor. Das Revival mag zur Sorge Anlaß geben – zur Überraschung nicht.

    Immer schon hat es Rechte in der Friedensbewegung gegeben, Nationalisten, denen durch gern gehörte Antiamerikanismen der Schulterschluß mit Linken und Pazifisten leicht fiel. Es gab in der Friedensbewegung auch immer komische Heilige, denen man was von Flugzeug-Kodensstreifen erzählen konnte. Das ging deshalb so glatt, weil den Strategen der Friedensbewegung Stimmung immer wichtiger war als Erkenntnis: Nicht die Analyse des Militarismus, sondern: den Frieden mit der Seele suchen. Ein paar Nationalisten und ein paar Verrückte mehr bedeutet da vor allen: ein paar Leute mehr. Viel bringt viel, und mehr bringt mehr.

    Eine weiche Flanke nach rechts ist die Erbkrankheit der deutschen Linken. Das fing mit dem „Bund der Deutschen“ in den 50er Jahren doch schon an. Die Deutsche Linke hat mehr nach Breite als nach Schärfe gestrebt: Breit sein ist alles! Die Deutsche Linke ertrug es nicht, als Bürgerschreck und als kleine radikale Minderheit sich nützlich zu machen. Sie wollte viel lieber das ganze Volk unter ihre Fittiche nehmen. Sie war bereit, der Breite wegen ihre Substanz zu verdünnen.

    Das war alles halb so schlimm, solange die Linke noch agil war und zumindest quantitativ was in die Waagschale hineintun konnte. Die Sehnsucht nach Frieden war ein Eingang zur Linken. So wie die Dinge heute liegen, ist die Sehnsucht nach Frieden eher ein Eingang zur Rechten.

    Daß die Linke an Mobilisierungskraft und Attraktivität verloren hat, liegt daran, daß sie sich in unsinnigen Antisemitismus-Debatten aufgerieben hat und durch Quatsch-Kampagnen wie „Critical Whiteness“ oder „feministisches Sprach-Handeln“ eher einem Narrenkäfig ähnelt.

    Die Straße gehört also „Pegada“ (Patriotische Europäer gegen die Amerikanisierung des Abendlandes), die sich auch „Engagierte Demokraten gegen die Amerikanisierung Europas“ nennen, was sich als „Endgame“ abkürzen läßt, was für manche Neonazis das Schlüsselwort für „Endsieg“ bedeuten soll. Die engagierten Patrioten siegten am 24. Januar in Erfurt und am 21. Februar in Halle, beschallt von der Querfront-Kapelle „Bandbreite“. Von „Anhängern der sogenannten Truther-Szene (die die offizielle Version des „11. September“ bezweifelt), Hooligans, Neonazis, aber auch friedensbewegten Bürger“ berichtete die Junge Welt, ebenso von den unvermeidlichen Komplementär-Verrückten, die als „Gegendemonstration“ mit Fahnen der USA, Israels und der Europäischen Union als „Die eigentlich patriotischen Patrioten“ (abgekürzt: „Deppen“) den Idiotenhügel vervollständigten. Auf dieser Veranstaltung durfte der „Reichsbürger“ und verurteilte Holocaustleugner Christian Bärthel die Haftentlassung des Rechtsextremisten Horst Mahler fordern.

    An „liebe Medienvertreter, Freunde und Sympathisanten von HoGeSa, PEGIDA, freiheitlich-patriotischen Parteien und Aktionsbündnissen“ wendet sich „Gemeinsam-Stark Deutschland e.V.“. Der Verein setzt sich aus Fußballfans verschiedener Städte zusammen: „In den Farben getrennt, in der Sache vereint – für Deutschland“. Er bekennt sich zu „den Werten des Grundgesetzes und den Allgemeinen Menschenrechten“, will „den amerikanischen und britischen Rüstungskonzernen entgegentreten“, lehnt das TTIP-Abkommen mit den USA ab und fordert das Ende der Stationierung von Atomwaffen auf deutschem Gebiet und den Austritt Deutschlands „aus dem Angriffsbündnis NATO“. Er fordert „erneuerbare Energien und die Erforschung anderer Energiequellen anstatt Fracking“, bekennt sich zur Aufnahme von Kriegsflüchtlingen aus humanitären Gründen und ebenso zu einem „gesunden Nationalstolz“. Dabei spielt es keine Rolle, „ob du ein sogenannter ‚Passdeutscher‘ oder ‚Biodeutscher‘ bist“. Der Verein tritt ein „für den Erhalt deutscher Werte und Tugenden sowie gegen den Multi-Kulti-Wahnsinn, für ein spezifisches Asylrecht und gegen den massenhaften Asylmissbrauch, für die soziale Marktwirtschaft mit einer gerechten Umverteilung von faul nach fleißig“. „Wir sind Deutsche. Und das soll auch in Zukunft so sein. Der Slogan, ‚wer Deutschland nicht liebt, soll Deutschland verlassen‘, drückt dieses Gefühl aus. Wir stellen uns gegen die Islamisierung Deutschlands, insbesondere durch radikale Hassprediger und links-rot-grün versiffte Gutmenschen, Parteien, Gewerkschaften und Sozialverbände sowie Kirchen. […] Darüberhinaus stellen wir die Frage nach der Souveränität Deutschlands, wie es z.B. bereits Gregor Gysi und der von den Medien als ‚Neu-Rechter‘ und ‚Reichsbürger‘ diffamierte Xavier Naidoo getan haben.“

    Die nationalstolzen Atomwaffengegner sind keine Anfänger:

    Einige unserer Mitglieder waren bereits bei den ‚Friedensmahnwachen‘, der ‚HoGeSa‘ oder ‚PEGIDA‘ aktiv dabei.“

    Beim Ostermarsch sehen wir uns dann wieder.

  • Auftritt von „Die Bandbreite“ beim Ostermarsch 2015 (März 2025)

    Seit 1981 beteiligte sich die DFG-VK Gruppe Duisburg in jedem Jahr an der Auftaktkundgebung des Ostermarschs Ruhr in Duisburg durch einen Kaffeeausschank und einen Büchertisch. 2012 wurden wir gegen unseren Willen durch die Veranstalter von der Teilnahme ausgeschlossen, weil wir die Absicht hatten, auf unserem Büchertisch auch die Ausgabe 96 der Zeitschrift Der Metzger zu verkaufen, die zwei kritische Artikel zur Musikgruppe Die Bandbreite enthält. Die beiden Artikel sind auf unserer Website dokumentiert. 2013 und 2014 waren wir wieder wie immer präsent.

    Am 25.2.2015 lasen wir auf dem Blog des Duisburger Friedensforums unter der Überschrift „Friedensforum Duisburg verbittet sich Bevormundung“ einen „Offenen Brief an Willi Hoffmeister und Joachim Schramm“. Wir haben daraufhin beschlossen, zum ersten mal nach über 30 Jahren nicht an der Duisburger Ostermarschkundgebung teilzunehmen und die unten wiedergegebene Mitteilung per Mail verschickt.

    Am 26.2.2015 verschwand der Blogeintrag kommentarlos von der Seite des Friedensforums. Damit unsere Entscheidung für Außenstehende nachvollziehbar bleibt, dokumentieren wir den Offenen Brief des Friedensforums als PDF-Datei. Offener Brief des Friedensforums Duisburg vom 24.2.2015

     

    DFG-VK Duisburg
    c/o Buchhandlung Weltbühne
    Gneisenaustraße 226
    47057 Duisburg
    info (at) dfg-vk-duisburg (punkt) de

     

    Liebe Friedensfreundinnen, liebe Friedensfreunde,

    mit Fassungslosigkeit haben wir zur Kenntnis genommen, dass das Friedensforum Duisburg sich anschickt, bei der Auftaktkundgebung des Ostermarschs Ruhr am 4.4.2015 in Duisburg die Gruppe „Die Bandbreite“ auftreten zu lassen.

    Die DFG-VK Gruppe Duisburg lehnt diese Provokation ab und hat kein Verständnis für die starrsinnige Haltung des Friedensforums Duisburg.

    Wir werden nicht an der Auftaktkundgebung in Duisburg teilnehmen und nicht zur Teilnahme aufrufen.

    Zum Thema „Die Bandbreite“ verweisen wir auf die auf unserer Website dokumentierten Texte:

    Die letzten Tassen oder Der apologetische Kusselkopp
    Ein ganzerRattenschwanz… Die Bandbreite eines Milieus
    Schreiben des Friedensforums Duisburg an die DFG-VK Duisburg 3.4.2012

    Nie wieder Faschismus, nie wieder Krieg!

    DFG-VK Duisburg

  • Nachträge zu unserem Eintrag vom Februar (März 2025)

    Nachträge zu unserem Eintrag vom Februar.

    Inzwischen wurde der gelöschte Offene Brief auf der Seite des Friedensforums Duisburg in minimal veränderter Fassung neu gepostet. Wir beugen der digitalen Amnesie vor und dokumentieren weiterhin die ursprüngliche Fassung (siehe unten).

    Lesen Sie bitte folgende Beiträge zum Thema:

    Telepolis 31.3.2015 – Peter Nowak: Friedenswinter ade?

    bo-alternativ 13.3.2015: Gradlinig statt Querfront („Das Bochumer Friedensplenum fordert das Duisburger Friedensforum auf, den antifaschistischen Konsens der Friedensbewegung nicht zu verlassen und der Musikgruppe „Die Bandbreite“ keine Bühne auf dem Ostermarsch zu bieten.“)

    VVN-BdA NRW 16.3.2015: Ostermarschaufruf Rhein Ruhr 2015 („Da in Duisburg die Band „Die Bandbreite“ auftritt, rufen die VVN-BdA NRW nicht zu den Duisburger Veranstaltungen auf.“)

    Amore e rabbia 28.2.2015: Ostermarsch auf Abwegen?
    Amore e rabbia 3.3.2015: Zu Hause ist es doch am schönsten
    Amore e rabbia 12.3.2015: Das neue deutschland fragte mich, was hier los ist
    Amore e rabbia 17.3.2015: Immer mehr Zores